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Es ist und bleibt das größte Hindernis für Gründungen im Lokaljournalismus: Das Geld. Nicht alle Gründenden haben etwas auf der hohen Kante, Fördertöpfe gibt es kaum und Investoren muss man erstmal finden.
Crowdfunding kann ein guter Weg zur Anschubfinanzierung sein. Zumal, wenn das Ziel ist, das eigene Business-Modell auf eine aktive Community zu stützen. Aber Vorsicht: Eine erfolgreiche Crowdfunding-Kampagne zu starten ist schwieriger, als es aussieht. Vor allem ist es viel Arbeit.
Zum Glück gibt es positive Beispiele, von denen Gründende lernen können. VierNull-Mitgründer Christian Herrendorf aus Düsseldorf hat uns mitgenommen in den Maschinenraum einer sehr erfolgreichen Kampagne, mit der VierNull im Frühjahr an den Start gehen konnte.
Das ist VierNull:
- VierNull wurde im Frühjahr 2021 von Christian Herrendorf, Hans Onkelbach, Andreas Endermann und Boris Bartels in Düsseldorf gegründet, mit dem Ziel, die Medienvielfalt in Düsseldorf wieder zu beleben.
- Das Projekt setzt ausschließlich auf ein Subscription-Modell und arbeitet mit einer Paywall: Nur wer mindestens 8 Euro pro Monat zahlt, kommt an die Inhalte.
- VierNull will „unabhängig, konstruktiv und werbefrei über Politik, Umwelt, Wirtschaft – und die bunte Welt dazwischen” berichten. Jeden Morgen (Montags-Freitags) um 5:30 gibt es einen großen Artikel des Tages und einen Newsletter mit weiteren Empfehlungen, Beobachtungen und Geschichten aus Düsseldorf. Jeden Abend dann einen kurzen Nachrichtenüberblick.
- Aktuell hat VierNull rund 650 zahlende Abonnenten, der Großteil davon hat das kleinste Abo-Paket für 8 Euro pro Monat.
- Das Team besteht mittlerweile aus ca. 15 freien Journalistinnen und Fotografen.
Darum geht es beim Crowdfunding:
- Ein Crowdfunding dient in der Regel als Anschubfinanzierung für ein komplett neues Medienprojekt oder Teilprojekte.
- Die Crowdfunding-Kampagne zeichnet sich in der Regel dadurch aus, dass sie zeitlich begrenzt ist (häufig 30 Tage), es Dankeschöns oder Pakete gibt, es sich um eine einmalige Transaktion handelt, es um ein konkretes Ziel geht und das Alles-oder-Nichts-Prinzip gilt (wird das Kampagnen-Ziel nicht erreicht, wird das Geld nicht ausgezahlt).
- Beim Crowdfunding gibt es drei Phasen: Die Startphase, in der die Funding-Kurve steil nach oben geht und anschließend wieder fällt, das Tal des Todes, in dem nur wenig Geld reinkommt und Crowdfunder umso mehr am Ball bleiben müssen, und den Endspurt, in dem die Kurve noch einmal steigt.
So lief das Crowdfunding von VierNull ab:
- Begonnen hat das Team mit einer Aufstellung der Kosten für ein Jahr VierNull. Darin enthalten waren alle Dinge, die Geld Kosten: Büromiete, Gestaltung der Website, Honorar für freie Mitarbeiter etc. Am Ende landeten sie bei einer Summe von 40.000 Euro, was dann auch als Crowdfundingziel ausgegeben wurde. Gehalt für sich selbst haben die vier Gründer nicht mit einberechnet.
- Als Crowdfunding-Plattform wählte VierNull Startnext, womit Christian Herrendorf auch im Großen und Ganzen zufrieden war. Das Handling sei sehr gut, so Herrendorf, außerdem seien die von Startnext angebotenen Lern- und Austauschformate sehr hilfreich gewesen.
- Für die Gestaltung der Kampagnenseite produzierte VierNull ein Video mit einer Produktionsfirma, erstellte ein erstes Website-Design mit Anreißern von Beispieltexten, formulierte kurz und knapp die eigene Mission und kurze Antworten für ein FAQ.
- Außerdem erstellte das Team einen Facebookauftritt und produzierte erste echte Artikel, um sie während des Crowdfundings posten zu können.
- Sehr viel Arbeit steckte das Team im Vorfeld in die Erstellung von Mailinglisten, pflegte alle möglichen Kontakte in Excel-Tabellen ein, um sie sortiert an einem Ort und jederzeit zugänglich zu haben. Allein das dauerte rund eine Woche. Im Nachhinein war das für Christian Herrendorf eine der wichtigsten Vorbereitungen.
- Zuletzt legte das Team noch die Dauer (45 Tage) und die im Crowdfunding angebotenen Produkte fest: Drei Mitgliedschaften für einen Monat (für 8, 15 oder 40 Euro) und drei Mitgliedschaften für ein Jahr (96, 180 oder 480 Euro). Außerdem gab es auch die Möglichkeit, ohne Belohnung einen freien Betrag zu spenden.
- Am 26. März 2021 startete das Crowdfunding. Bis dahin hatten die VierNull-Gründer ihr Vorhaben so gut wie geheim gehalten. Sobald die Kampagne online war, startete VierNull mit der Kommunikation, auch mit der Facebookseite. Die vier Gründer luden insgesamt tausende Menschen dazu ein, der neuen Seite zu folgen und verschickten erste Emails.
- Während der Kampagne war die Hauptbeschäftigung von Christian Herrendorf und seinen Kollegen: Emails schreiben. Dabei achteten sie darauf, keine Massen-Emails zu verschicken, sondern setzten auf eine sehr persönliche Ansprache, was entsprechend viel Zeit kostete.
- Auf Facebook veröffentlichte das Team nach und nach die ersten Artikel, nicht verlinkt, sondern komplett direkt im Post. Das brachte der Seite viel Interaktion und Reichweite und der Kampagne neue Abonnenten.
Das Ergebnis:
Zufriedenheitsgrad: hoch – Das Kampagnenziel wurde erreicht, VierNull konnte starten.
- Bis Anfang Mai sammelte VierNull mit 356 Unterstützerinnen und Unterstützern 45.020 Euro ein. Nach Abzug aller Gebühren für Startnext, blieben ziemlich genau die anvisierten 40.000 Euro übrig. Von diesem Betrag werden aber auch noch Steuern fällig, sodass am Ende weniger übrig bleiben wird. (Welche Steuern beim Crowdfunding anfallen, ist durchaus kompliziert und von Fall zu Fall unterschiedlich. Startnext hat hier ein paar Tipps zusammengefasst.)
- Das Geld half den vier Gründern, die wirtschaftlichen Risiken zum Start von VierNull zu minimieren, die Seite konnte so ohne zusätzliche Finanzierung an den Start gehen.
Was wir gelernt haben:
- Crowdfunding ist ein Fulltime-Job: „Wir hätten das vorher auch nicht gedacht, aber wer Crowdfunding macht, hat keine Zeit mehr für etwas anderes”, sagt Christian Herrendorf. Die meiste Zeit während des Crowdfunding ging für die vielen Emails drauf.
- Ein Netzwerk ist wichtig: Christian Herrendorf und Mitgründer Hans Onkelbach waren vor VierNull lange Redakteure bzw. Redaktionsleiter bei der rheinischen Post. Das Netzwerk, das sie sich über Jahre aufgebaut hatten, war für das Crowdfunding extrem hilfreich.
- Mit einem großen Knall starten: Die Gründer von VierNull sind mit ihrem Plan vorher nicht an die Öffentlichkeit gegangen, um den Überraschungseffekt nutzen zu können. Sobald die Kampagnenseite online war, feuerten sie in Sachen Marketing aus allen Rohren. Rund ein Viertel der Crowdfunding-Summe kam so bereits in den ersten Tagen zusammen.
- Genug Zeit für die Planung kalkulieren: Die Planung des Crowdfundings hat bei VierNull ungefähr einen Monat gedauert. Verzögerungen gab es unter anderem wegen der Beantragung der Handelsregisternummer (wird für Startnext gebraucht). Plant also am besten Puffer ein.
- Transparent sein: Warum braucht ihr Geld? Warum genau diese Summe? Was ist eure Idee? Was macht ihr anders? All diese Fragen sollten während der Kampagne immer wieder beantwortet werden. Viele Menschen schauen gerade bei Crowdfundings sehr genau hin. Deshalb ist größtmögliche Transparenz von Anfang an wichtig.
- Crowdfunding-Teilnehmer müssen später konvertiert werden: Wer sein Abo übers Crowdfunding abschließt, fällt nach einem Monat oder einem Jahr wieder raus. Das heißt, diese Menschen müssen erneut dazu bewogen werden, eine Mitgliedschaft abzuschließen. Das Team von VierNull hat sich deshalb schon die erste Juniwoche 2022 für eine Kampagne geblockt, da dann auf einen Schlag rund ein Drittel der Abonnenten wegfallen werden.
- Auch teure Pakete anbieten: Crowdfunding hat eine höhere emotionale Intensität, weil es eine klare Idee mit einem zeitlich begrenzten Ziel verbindet. Viele Menschen sind deshalb im Crowdfunding eher bereit, auch höhere Summen zu zahlen. Die teuersten Monats- bzw. Jahresabos hat VierNull nach dem Crowdfunding nie wieder verkauft. Die entsprechenden Pakete während des Crowdfundings aber mehr als 70 mal.
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