Diese Case Study ist zuerst in unserem beabee-Newsletter erschienen. In dem geben wir ein mal im Monat handfeste Tipps und Anleitungen, wie Community-Journalismus funktioniert. Du kannst den Newsletter hier abonnieren: Zur Anmeldung
Das ist Karla:
- Karla ist ein neues lokales Medienstartup aus Konstanz.
- Im Mai und Juni sammelte das Gründerinnenteam mehr als 100.000 Euro bei einem Crowdfunding ein.
- Karla baut gerade die Redaktion auf. Die soll im Herbst mit der Arbeit beginnen.
- Karla sieht sich selbst als multimediales Stadtmagazin, dass aber auch Partizipation ermöglicht und sich in der Medienbildung engagiert. Wie genau das aussieht, kannst du weiter unten lesen.
Das hat Karla vor:
- Karla möchte als multimediales, digitales Online-Magazin vor allem Hintergrundberichte zu Politik, Gesellschaft und Kultur in Konstanz liefern. Verpackt in informative Artikel, multiperspektivische Dossiers und audiovisuelle Formate. Dazu einen Veranstaltungskalender und Texte über Freizeitaktivitäten und Kolumnen von Menschen aus Konstanz.
- Karla will die Konstanzer Stadtgesellschaft ins Gespräch bringen und am Journalismus beteiligen. Dafür setzt Karla vor allem auf Veranstaltungen. „Wenn man zum Beispiel Expertinnenstimmen liest und eine Woche später sitzen sie auf einem Podium und man kann ihnen Fragen stellen, sind das für uns Momente, in denen die One-Way-Beschallung aufgehoben wird”, sagt Karla-Mitgründer Nik Volz. Neben den Veranstaltungen will Karla auch Nicht-Journalisten aus der Stadtgesellschaft für Fokusthemen mit in die journalistische Produktion einbinden oder in Workshops Themen gemeinsam erarbeiten. „Es wird aber kein Bürger-Journalismus sein”, sagt Nik Volz, „sondern ein von professionellen Journalistinnen geleiteter Journalismus, der Teilhabe ermöglicht.”
- Ein weiteres wichtiges Standbein von Karla soll Medienbildung sein. Erste Seminare an er Uni Konstanz haben bereits stattgefunden, es werden weitere folgen. Das soll vor allem der Ausbildung des journalistischen Nachwuchses dienen. Mit Behind-the-Scenes-Formaten und gemeinsamen Recherchen sollen aber auch Bürgerinnen und Bürger lernen, wie Journalismus funktioniert.
- Die Karla-Gründerinnen haben sich dazu entschieden, gemeinnützig arbeiten zu wollen. Deshalb ist Karla eine gemeinnützige GmbH. Die gemeinnützigen Zwecke sind Förderung von Volks- und Meinungsbildung und Förderung von Kunst und Kultur. Die Finanzierung basiert zum einen auf Einnahmen durch Aboverkäufe (Karla wird mit einer Paywall arbeiten) und zum anderen auf Fördergeldern von Stiftungen und Spenden.
Was wir gelernt haben:
- Sprich mit Menschen über deine Idee: Viele tendieren eher dazu, eine Idee erst in die Welt zu tragen, wenn sie perfekt geschliffen und in ein lückenloses Konzept gegossen ist. Übertriebener Perfektionismus führt aber häufig dazu, die Umsetzung auf die lange Bank zu schieben oder gar nicht erst anzugehen. Bei Karla sah das ein Stück weit anders aus. Die Menschen in Konstanz konnten sich schon früh einbringen und das Konzept mitgestalten. Das Konstanz zum Beispiel einen umfangreichen Veranstaltungskalender braucht, war eine Idee aus der Community.
- Lokale Gegebenheiten berücksichtigen: Nicht alle guten Ideen lassen sich 1:1 auf jede Stadt oder Region übertragen. Für Karla macht es zum Beispiel total Sinn, im akademischen Umfeld stattzufinden, zum Beispiel mit eigenen Uni-Seminaren. Von den 85.000 Einwohnern Konstanz‘ sind rund 20.000 Studierende. Außerdem gehört die Hochschule zu den größten Arbeitgeber in der Stadt. In Städten mit einer anderen Bevölkerungsstruktur braucht es vielleicht ganz andere Ideen. Das ist bisschen eine Binsenweisheit, es ist aber sinnvoll den Blick dafür zu schärfen, was die lokalen Gegebenheiten sind, anstatt jede gute Idee einfach zu kopieren.
- Gemeinnützigkeit funktioniert auch mit Paywall: Nicht alle journalistischen Inhalte, die Karla im Magazin anbieten wird, werden frei zugänglich sein. Wer sie konsumieren will, muss ein Abo abschließen. Das ist möglich, solange trotzdem die gemeinnützigen Zwecke erfüllt werden. „Wir wollen unserem Lokaljournalismus eine Wertigkeit geben. Dazu gehört in unseren Augen eine Paywall, auch wenn man gemeinnützigen Journalismus anbieten will”, sagt Nik Volz.
- Wer Gemeinnützigkeit anstrebt, sollte Geduld haben: Der Prozess hin zur anerkannten Gemeinnützigkeit hat bei Karla einige Monate gedauert. Im November 2021 wurde die gemeinnützige GmbH gegründet, im Mai 2022 wurde die Gemeinnützigkeit vom Finanzamt offiziell anerkannt. Die Karla-Gründerinnen haben sich schon früh mit Pionieren im gemeinnützigen Journalismus und mit dem lokalen Finanzamt ausgetauscht. „Wir haben geguckt: Wie haben die das gemacht? Welche Teile der Satzungen könnten wir übernehmen? Außerdem haben wir unseren Antrag auch vorläufig beim Finanzamt eingereicht, damit sie draufschauen konnten, ohne gleich den Daumen senken oder heben zu müssen”, sagt Michael Lünstroth.
Du hast eigene Erfahrungen oder Use cases, die wir aufnehmen sollen? Dann schreib einfach eine E-Mail an tobias.hauswurz@beabee.io.